Heute erzählte mir der Professor eine Geschichte von Thomas Wilkens, einem englischen Hafenmeister, der Ende des 19. Jahrhunderts in Bristol gearbeitet und ein Buch mit Erzählungen geschrieben hatte. Es hieß »Abschiede im Hafen« (Harbor Farewell orig.). Beobachtungen, die er im Hafen gemacht hatte. Darin erzählt er unter anderem von der Lehrerin Mary Carter, die mit dem zweiten Steuermann des Frachtschiffes »Augustine«, Edward Hargrave, verlobt war. Sie hatten sich gerade erst kennen gelernt und Edward musste eine sechsmonatige Reise nach Indien und China antreten.
Beide waren verzweifelt und konnten sich eine so lange Trennung kaum vorstellen.
Mary befürchtete zudem, dass sie vor lauter Trennungsschmerz nicht werde weinen können. Das kannte sie aus der Vergangenheit. Deshalb bereitete sie eine Art Zwiebelkompott vor, das sie sich unter die Augen halten würde. Sie füllte damit ein kleines Glas, das sie in ihre Handtasche steckte.
Als Edward am Abschiedstag die Gangway hinaufging, wollte sie nach dem Glas greifen, aber ein heftiger Weinanfall verhinderte das. Sie musste sich an einem Anlegepoller festhalten, so erschüttert war sie.
Lange winkten sich die beiden zu, bis man Edward nur noch als Punkt auf dem Schiff erkennen konnte.
»Nach sechs Monaten und 22 Tagen lief die Augustine wieder im Hafen ein. Mary und Edward lagen sich über eine halbe Stunde mit Freudentränen in den Armen«, schrieb Thomas Wilkens am Ende der Erzählung.
Ich war von dieser Geschichte sehr gerührt. Ein Gefühl, das bei mir oft das Bedürfnis nach einem »Kinderessen« hervorruft. Deshalb gibt es heute im Kochlabor »Zwiebelpfannkuchen mit Schnittlauch und Apfelmus.« Ich glaube, dem Professor kommt das auch sehr gelegen.
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