Um 5 Uhr morgens schepperte das Telefon.
»Guten Morgen, Signor Grün. Haben Sie gut geschlafen? Ich habe da eine Bitte.«
Es war natürlich der Professor.
»Wissen Sie, wie spät es ist?«
»Ja.«
»Na, wie spät ist es denn?«
»Das weiß ich nicht.«
»Aber Sie haben doch gesagt, Sie wüssten es.«
»Aber das sagt man doch nur so.«
»Was möchten Sie denn?«
»Ich dachte, Sie könnten einen Sommerwunschkuchen backen. Ich muss mir dringend was wünschen. Kann Ihnen aber nicht sagen, um was es geht. Dann funktioniert es nicht.«
Von einem Sommerwunschkuchen hatte ich noch nie etwas gehört. Caprese erzählte, dass es ein toskanischer Brauch sei, solch einen Kuchen zu backen. Man hat pro Sommer einen Wunsch frei. Beim ersten Bissen in diesen Kuchen soll man sich in Gedanken etwas wünschen und ganz fest daran glauben. Er erzählte und erzählte. Ich schlief dabei ein und träumte von der Toskana und dem Meer.
Als ich morgens aufwachte, lag ein Zettel neben mir mit dem Rezept für den Sommerwunschkuchen – in meiner Schrift. Merkwürdig, ich musste das Rezept wohl im Schlaf nach seinen Erzählungen aufgeschrieben haben.
Ich habe ihn natürlich gebacken und mir sogar was gewünscht. Was, verrate ich nicht natürlich nicht. Möchten Sie sich auch etwas wünschen?
…
Im Ofen geschmortes Paprika-Zwiebel-Gemüse, spicy Rosmarin-Bällchen und Pizzaecken
Es ist nach einiger Zeit mal wieder sonnig in Hamburg.
Der Professor ist schon seit dem frühen Vormittag im Garten.
Weil wir in seinem Garten essen, arrangiert er alles. Er wirkt etwas aufgeregt. Das mag ich an ihm und auch generell an Menschen, wenn sie eine fast kindliche Aufgeregtheit zeigen, wenn sie Gäste erwarten.
Ich freue mich auch und habe, um ihn zu überraschen, ein sehr italienisches (glaube ich zumindest) Essen vorbereitet. Etwas spicy. Mit Rosmarin-Bällchen – die mag Caprese fast in jeder Variante.
…
Vegetarische Frikadellen mit Luigioni, Pilzrahmsauce und Rucola-Salat
In den letzten Tagen hatte mich der Professor nicht im Kochlabor besucht.
Ich vermisste ihn etwas. Schließlich rief ich ihn an.
»Ich habe leider keine Zeit. Ich entwickle eine neuen Pastavariante. Eine Weltneuheit.« Er tat sehr geheimnisvoll. Wollte nicht mehr verraten. »Bald stelle ich sie Ihnen vor. Sie werden staunen.«
Gestern kam er zum Nachmittagskaffee. Die neue Nudelvariante hatte er auch dabei. Eigentlich nur zwei Exemplare – in einem Schraubglas. Er legte sie vorsichtig auf den Tisch.
Ich staunte wirklich. Denn die Nudeln sahen aus wie große, etwas unförmige Fusilli und waren eigentlich Fusilloni – also so heißen sie. Ich kannte sie.
»Ich nenne sie Luigioni«, flüsterte er. Bitte erzählen Sie niemanden davon. Alles ist noch sehr geheim.« Er betrachtete stolz seine Kreation.
Mir war nicht klar, wie ich es ihm beibringen sollte.
Er gab mir das Rezept und die Beschreibung, wie vorzugehen war bei der Herstellung der neuen Luigioni. Er hatte alles auf einen Zettel geschrieben – mit Zeichnungen.
Heute gab es also im Kochlabor: »Vegetarische Frikadellen mit Luigioni, Pilzrahmsauce und Rucola-Salat«.
Der Professor war begeistert und sichtlich gerührt. Lobte vielmals, wie schön ich die Form seiner Luigioni getroffen hatte.
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