Gestern Nachmittag saß ich am offenen Kochlaborfenster, trank einen Espresso und aß ein Stück von meinem italienischen Orangen-Nusskuchen, da hörte ich plötzlich ein lautes Hämmern. Der Professor stand auf einer Leiter in seinem Vorgarten und versuchte ein Schild aufzustellen. Ich konnte zuerst gar nicht erkennen, was darauf geschrieben war. Dann aber doch: Haus und Roboter wegen sehr großem, unvorstellbar großem Heimweh zu vermieten. Melden Sie sich bei Prof. Caprese oder im Kochlabor von Herrn Grün.
Darauf konnte ich mir keinen Reim machen. Heimweh hatte Caprese ja öfters – aber sowas. Ich eilte aus dem Haus und zum Vorgarten des Professors.
»Was machen Sie da? Das Haus vermieten … und Luigi auch. Das geht nicht.«
Jetzt sah ich auch Luigi, den kleinen Roboter. Er saß auf der Haustreppe und sah ganz traurig aus. Ich musste dieses Spektakel beenden.
»Wenn Sie nicht sofort das Schild entfernen, werde ich niemals mehr für Sie kochen«, sagte ich, nahm Luigi an der Hand und ging mit ihm zurück zum Kochlabor.
Abends war das Schild weg. Caprese erschien mit einer Flasche Wein unter dem Arm. Entschuldigte sich bei mir und auch bei Luigi. Er versprach, nie wieder werde er … Alles täte ihm sehr leid. Aber das Heimweh und dieser Anruf.
Alles war vergessen und vorbei. Ich freute mich so und bereitete frittierte Kartoffeln zu, mit Estragonsauce und Salat mit einer Estragon-Orangen-Vinaigrette. Aber dieser Anruf, den der Professor erwähnte hatte … Das machte mich doch sehr nachdenklich.
…
Belugalinsensalat mit Briestücken, Orangenfilets und Mandelkrokant in einer Kokos-Curry-Vinaigrette
Zu manchen Zutaten habe ich eine ganz besondere Beziehung. Belugalinsen hatte ich bei der Entwicklung meines Kochbuches kennengelernt, und sie haben mich von Anfang an fasziniert und auch meine Sympathie gewonnen. Kleine, schwarze Perlen, die wundervoll als Träger von anderen Aromen wie Orangen, Kokos oder Curry dienen. Selbst halten sie sich dabei zuerst etwas zurück. Dann öffnen sie sich aber und man erntet ihr dezentes, erdiges Aroma. Ein Genuss.
…
Spaghetti Tromba – Spinat, Tomate, Peperoni und Zitrone in Knoblauchöl geschwenkt
Ich hatte lange darüber nachgedacht, was ich kochen sollte. Manchmal sitzen mir viele Purzelbäumler auf den Schultern und schnattern durcheinander. »Herr Grün, Sie sollten etwas Saisonales kochen.« Meinte einer. »Nein, dem muss ich widersprechen. Er sollte einen Salat zubereiten. Die Menschen wollen jetzt Salat.« Erwiderte ein anderer.
Das Gebrabbel summte ich weg und überlegte, was ich selber gern essen wollte. So entschied ich mich für Spaghetti in einer Sauce aus Knoblauchöl, Babyspinat, roter Peperoni und fein geriebener Zitronenschale. Dazu wollte ich einen Tomaten-Spinatsalat anrichten.
Ich bereitete also das Mittagessen zu, da hörte ich eine Trompete. Ich schaute hinüber zum Nachbarhaus und sah Professor Caprese am Fenster stehen – mit einer Trompete. Was für eine wunderschöne Melodie. Ich wusste gar nicht, dass er das konnte. Ich hörte ihm eine Weile durch das offene Kochlabor-Fenster zu. Dann hob ich kurz die Hand und lachte. Das sah er und nur kurze Zeit später saßen wir uns gegenüber. Aßen Spaghetti Tromba. Freuten uns. Die einfachen Dinge.
…
- « Vorherige Seite
- 1
- …
- 10
- 11
- 12
- 13
- 14
- …
- 19
- Nächste Seite »