Als Professor Caprese heute vom Markt kam, hatte er Rhabarber und Spargel mitgebracht. Er seufzte und ließ sich in den Sessel fallen. »Ob ich wohl etwas schlafen kann, während sie kochen?«
Das hatte er noch nie getan, aber Caprese hatte im Kochlabor (fast) Narrenfreiheit. Ich kochte ihm noch einen Espresso. Nachdem er ihn getrunken hatte, schlief er ein. Schnarchte sogar. Ich musste lachen, fing aber gleich an zu überlegen, was man wohl mit dem Rhabarber und dem Spargel machen könnte.
…
Herr Grüns vegetarisches Weihnachtsmenü 2018
Der Professor war aufgeregt. Er hippelte im Kochlabor herum und machte mich nervös.
»Ob es dieses Jahr ein Weihnachtsmenü gibt?« Er schaute bei der Frage aus dem Fenster, als hätte er sie gar nicht gestellt.
Letztes Jahr Jahr gab es kein Weihnachtsmenü. Das machte ihn nervös. Als Hauptgang gab es einfache Pasta und danach ein Stück Walnusstorte. Das war auch schön.
»Was wünschen Sie sich denn?«
Auf diese Frage hatte er scheinbar gewartet. Er nahm einen Zettel aus der Tasche und las mir circa 30 Gerichte vor.
Später machte ich mir Gedanken. Und ich darf Ihnen heute das Herr Grün Weihnachtsmenü 2018 vorstellen:
Sellerie-Kartoffelsuppe mit karamellisierten und mit Lebkuchengewürz gewürzte Apfelscheiben
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Orientalische Spitzkohltarte mit krossem Dinkel-Mürbeteigboden
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Orangen-Kardamom-Pudding mit Ahornsirup und karamellisierten Walnüssen
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Curry-Kokosmilch-Suppe mit Karotten, Ingwer, Peperoni und Reis
Das Telefon im Kochlabor klingelte. Ich hob ab. Die ersten Sekunden hörte ich nichts. Dann ein leises Pfeifen, wie von einem anderen Stern: »Signor Grün, sind Sie es?« Es war die Stimme von Professor Caprese. Er klang sehr schwach.
»Ja, ja. Ich bin hier im Kochlabor. Was ist mit Ihnen?«
»Ich habe eine Grippe. Es sieht schlecht aus. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass es eine schöne Zeit war mit Ihnen im Kochlabor. Und Luigi. All die schönen Stunden.«
Dieser alte Dramatiker. Eine Grippe. Nichts Leichtes. Aber so was.
»Bleiben Sie schön im Bett. Ich bin in einer Stunde bei Ihnen mit einer Suppe. Das wird Ihnen wieder auf die Beine helfen.«
»Eine Suppe?« Und schon klang seine Stimme klarer.
»Ja, eine Suppe. Fernöstlich. Mit kräftigenden Gewürzen und Zutaten.«
Ich hatte für die Suppe alles da: Karotten, Ingwer, Curry, Kurkuma, rote Peperoni, Kokosmilch, etwas Basmatireis.
Als ich sie zubereitet hatte, eilte ich mit dem Topf hinüber ins Nachbarhaus zu Professor Caprese, der jammernd auf der Couch lag. Um die Situation noch dramatischer zu gestalten, hatte er sich eine riesige Wollmütze aufgesetzt.
Er war sehr glücklich mit der Suppe, und glaubt man seinen Erzählungen, war er regelrecht sofort geheilt.
Er empfiehlt sie fortan allen Kranken, aber auch Gesunden als leichte, schnell zuzubereitende, delikate fernöstliche Suppe und behauptet, ich sei ein Wunderheiler, der noch zu viel Größerem fähig sei, was natürlich Quatsch ist.
Vielleicht haben Sie ja auch gerade Lust auf Suppe … Gutes Gelingen.
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